Artikel | 09 September 2021
Nach den ersten Kilometern eines Marathons
Die nächsten Schritte zur Abberufung des Bayerischen Landtages
Hat die Initiative „Landtag abberufen“ eine reale Chance, ihr Ziel zu erreichen? Oder ist es einfach politischer Theaterdonner, um die Herren im Maximilianeum ein bisschen zu erschrecken? Wir2020 jedenfalls sind dabei. Denn wir gehen davon aus, dass Bayern im politisch bewegten Herbst 2021 und im wahrscheinlich noch turbulenteren anbrechenden Krisenjahr 2022 ein unübersehbares Zeichen setzen kann. Dazu ist allerdings viel Arbeit zu leisten. Der Freistaat wird es uns sicherlich nicht einfach machen, unsere Ziele zu erreichen. Es gilt deshalb, mit Herz und Verstand ans Werk zu gehen. Und das Herz schlägt heute schon schneller bei der Vorstellung, wie wir 2022 einen erneuerten Landtag bekommen, der unser Bayern sicher durch die Turbulenzen der nächsten Jahre führt. Aber der Verstand sagt, dass hier eine genaue Planung aller Aktivitäten notwendig ist, bei denen wir die Initiative mit Rat und Tat unterstützen wollen und werden. Hier einige trockene Fakten und verstands-mäßige Überlegungen, die den Rahmen bilden und den weiteren Verlauf des gerade gestarteten Marathons aufzeichnen. Los geht’s!
Das bayerische Innenministerium hat jetzt das Volksbegehren auf Abberufung des Landtages zugelassen. 25.000 Unterstützungs-Unterschriften sind dafür notwendig gewesen, 29.000 wurden erbracht und anerkannt. Das ist ein sehr schöner erster Erfolg.
Der wird aber Söder und Co. nicht freuen. Und sie werden sicherlich alle gesetzlichen Möglichkeiten nutzen, das Vorhaben zu torpedieren. Dafür gibt es bei der Erteilung der Zulassung und der weiteren Umsetzung des Volksbegehrens und des Volksentscheids Möglichkeiten, etwa Einsprüche einzulegen und akribisch auf vorgeschriebenen zeitlichen Abläufen zu bestehen. Genau deshalb dürfen wir keine Fristen „verschlafen“. Denn am Anfang scheint der ganze Prozess endlos lang zu sein – aber am Ende wird wenig Zeit bleiben, um genug Bayern zu motivieren, im Volksentscheid endgültig für die Auflösung des Landtages zu stimmen.
Die Eintragungsfrist für das jetzige Volksbegehren zur Abberufung des Landtages beginnt am 14. Oktober 2021 und endet zwei Woche später am 27. Oktober. Wer die Abberufung des Landtages unterstützen will, muss sich in diesem Zeitraum in Listen eintragen, die in den Rathäusern ausliegen. Den Antragstellern bzw. Initiatoren des Volksbegehrens obliegt es, die Stimmberechtigten über ihr Anliegen im Einzelnen zu informieren und sie zur Eintragung aufzurufen. Sie müssen die Eintragungslisten beschaffen und den kreisfreien Gemeinden und Landratsämtern spätestens zwei Wochen vor Beginn der Eintragungsfrist zuleiten.
In der Zeit bis zum 14. Oktober 2021 haben die Gemeinden also die notwendigen Vorbereitungsmaßnahmen zu treffen, etwa die Wählerverzeichnisse aufzustellen, die örtlichen Eintragungsstellen und die individuellen Eintragungszeiten ortsüblich bekanntzumachen sowie die Eintragungslisten zur Unterschriftsleistung durch die Stimmberechtigten bereitzuhalten. Sie bestimmen die Eintragungsräume und -stunden so, dass jede stimmberechtigte Person ausreichend Gelegenheit findet, sich am Volksbegehren zu beteiligen. Landeswahlgesetz und Landeswahlordnung enthalten hierzu Mindestvorgaben, die jede Gemeinde beachten muss, u.a. Eintragungsgelegenheiten am Wochenende und am Abend zu bieten. Eintragungsräume sind in der Regel die Rathäuser. Briefwahl gibt es beim Volksbegehren nicht.
Die Zahlen der gültigen Eintragungen und der Stimmberechtigten werden von den Gemeinden unmittelbar nach Ende der 14-tägigen Eintragungsfrist festgestellt und an den Landeswahlleiter gemeldet. Der Landeswahlleiter gibt das vorläufige Ergebnis in der Regel bereits am ersten Tag nach Ende der Eintragungsfrist bekannt, das endgültige Ergebnis stellt der Landeswahlausschuss ca. zwei bis drei Wochen später fest. Für ein Volksbegehren auf Abberufung des Landtags muss sich mindestens eine Million Stimmberechtigte eintragen (Art. 18 Abs. 3 BV, Art. 83, 84 LWG).
Und dann? Einem erfolgreichen Volksbegehren auf Auflösung des Landtags kann dieser durch Mehrheitsbeschluss seiner gesetzlichen Mitgliederzahl zustimmen (Selbstauflösungsrecht nach Art. 18 Abs. 1 BV). In diesem Fall entfällt der Volksentscheid; spätestens am sechsten Sonntag nach der Auflösung findet die Neuwahl des Landtags statt (Art. 18 Abs. 4 BV).
Wenn sich der Landtag allerdings nicht freiwillig auflöst, kommt die nächste Runde: Die Vorbereitung und Durchführung des Volksentscheids über die Abberufung des Landtages. Rechtsgültige Volksbegehren muss der Ministerpräsident innerhalb von vier Wochen nach Feststellung des Ergebnisses durch den Landeswahlausschuss mit einer Stellungnahme der Staatsregierung dem Landtag unterbreiten, also bis zum 27. November 2021. Dabei hat der Landtag drei Möglichkeiten:
– Er nimmt den Gesetzentwurf des Volksbegehrens unverändert an. Einem Volksbegehren auf Auflösung des Landtags kann dieser durch Mehrheitsbeschluss seiner gesetzlichen Mitgliederzahl zustimmen (Selbstauflösungsrecht nach Art. 18 Abs. 1 BV); In diesem Fall entfällt der Volksentscheid; spätestens am sechsten Sonntag nach der Auflösung findet die Neuwahl des Landtags statt (Art. 18 Abs. 4 BV).
– Er lehnt den Gesetzentwurf des Volksbegehrens ab. Dann ist der Gesetzentwurf dem Volk zur Entscheidung vorzulegen. Wird das Volksbegehren auf Auflösung des Landtags abgelehnt, kommt es ebenfalls Volksentscheid.
– Er bestreitet die Rechtsgültigkeit des Volksbegehrens. Auf Antrag von Unterzeichnern des Volksbegehrens entscheidet hierüber der Verfassungsgerichtshof. Der Volksentscheid hat ggf. innerhalb von drei Monaten nach dem Beschluss des Landtags (ggf. nach der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs) stattzufinden.
Ein Gesetzentwurf ist durch Volksentscheid angenommen, wenn er mehr gültige Ja- als Nein-Stimmen erhält. Das ist machbar. Aber der Triumph ist noch mindestens bis zum Jahresende entfernt – und ihn zu erreichen bedeutet am Ende einen Marathonlauf. In dieser Zeit kann – und wird – zudem vieles Unerwartetes passieren. Nutzen wir deshalb die Ruhe vor dem Sturm der Bundestagswahlen, der nächsten angeblichen Corona-Wellen und der realen Pleitewelle, und stellen wir uns für die kommenden Herausforderungen gut auf. Und zwar nicht so wie bei der Vorbereitung der Bundestagswahl – sondern mit Herz und Verstand und sofortigem Start. Und gewinnen wir Herz und Verstand von möglichst vielen bayerischen Mitbürgern, denen die restriktive und autoritäre Politik der Landesregierung und die Passivität des Landtages gegenüber den Beschränkungen von Rechten und Freiheiten der Bürger unerträglich geworden sind.
Die Chancen dafür stehen gut. Packen wir`s an!
i.b.
Informationsquelle: Bayerisches Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration https://www.stmi.bayern.de/assets/stmi/suv/wahlen/vb_und_ve_gesetzl_voraussetzungen_und_verfahren_allg_informationen_30-07-2020.pdf